Biografie Hanns Dieter Hüsch
Hanns Dieter Hüsch wurde geboren am 06. Mai 1925 in Moers am Niederrhein und starb am 06. Dezember 2005 in Werfen im Windecker Ländchen. Er war literarischer Kabarettist und Liedermacher, Rundfunkmoderator und TV-Synchronsprecher, Schriftsteller und Schauspieler. Mehr als 52 Jahre auf deutschsprachigen Kabarett- und Kleinkunstbühnen aktiv, galt er mit seinen etwa siebzig eigenen Programmen als der produktivste und einer der erfolgreichsten Vertreter des Kabaretts im Deutschland des 20. Jahrhunderts.
Hanns Dieter Hüsch wuchs in den 1930er Jahren in der niederrheinischen Kreisstadt Moers als Sohn protestantischer Eltern auf. „Alles, was ich bin, ist niederrheinisch“, bekannte er später in pointierender Knappheit. Der Vater war zum Verwaltungsdirektor der Kreisverwaltung in Moers aufgestiegen; der Sohn empfand die Lebenswelt in Elternhaus, Verwandtschaft und Nachbarschaft als kleinbürgerlich und provinziell. Die „kleinen Leute“ waren Hüsch in Tonfall und Werturteilen vertraut. Lebenslang beobachtete er sie und setzte sich mit spezifischen Weltansichten des „Niederrheiners“ bewundernd wie kopfschüttelnd auseinander.
Bis zum Alter von 14 Jahren musste sich Hüsch wegen einer Missbildung seiner Füße mehreren Operationen unterziehen. Er war gezwungen, in unförmigen Filzpantoffeln herumzulaufen, da ihm keine Schuhe passten, und er konnte dadurch kaum mit anderen Kindern spielen. Als sportliche Betätigung waren ihm allenfalls Schwimmen und Radfahren möglich. „Ein schweres klinisches Erlebnis“, erinnerte er sich später, „man fühlte sich sehr schnell alleine.“ In dieser Zeit begann Hüsch erste Texte zu verfassen. Nachdem er das Abitur am Gymnasium Adolfinum in Moers abgelegt hatte, blieb ihm aufgrund seiner Erkrankung der Kriegsdienst erspart. Als Jungkabarettist bespiegelte er mit dem Lied Warum bin ich so unmuskulös seine körperlich-seelische Disposition selbstironisch.
Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges studierte Hanns Dieter Hüsch auf Wunsch der Familie an der Universität Gießen ein Semester Medizin, dies jedoch ohne Begeisterung. Für sein Ziel, Opernregisseur zu werden, ging Hüsch stattdessen nach Mainz und studierte an der dortigen Universität Theaterwissenschaft, Literaturgeschichte und Philosophie. Hüschs Talente lagen zu dieser Zeit aber schon weniger im theoretischen als im praktisch-künstlerischen Bereich („Ich habe an der Uni keine Seminare besucht, aber ich habe meine Texte geschrieben.“). Er beteiligte sich am Mainzer Studenten-Kabarett „Die Tol(l)eranten“ und trat bereits 1949 als Chansonnier mit seinem ersten Soloprogramm Das literarische Klavier auf. Bis zu seiner letzten Tour im Jahre 2000 folgten diesem Programm mehr als 70 weitere.
In den 1950er Jahren lebte Hanns Dieter Hüsch zusammen mit seiner ersten Ehefrau Marianne Lüttgenau (auf deren Eigenarten er in seinen „Frieda“-Geschichten anspielte) und der gemeinsamen Tochter in bescheidenen Verhältnissen. Das Studium hatte er bereits aufgegeben, er bestritt den Lebensunterhalt mit künstlerischen Auftragsarbeiten oder als Nachrichtensprecher beim Süddeutschen Rundfunk. 1956 gründete er mit arche nova ein eigenes Kabarett, das bis 1961 bestand. In dieser Zeit hatte Hüsch auch in der Schweiz erfolgreiche Bühnenauftritte. Nach finanziellen Engpässen wurde er in den 1960er Jahren zu einem der wichtigsten Vertreter des literarischen Kabaretts in Deutschland. Mit seinem dem „Volk auf’s Maul“ schauenden, sprachjonglierenden Witz karikierte er Kleinbürger- und Spießertum. Aber auch das Theater zog ihn immer wieder an. 1957 bzw. 1959 schrieb er z. B. zusammen mit Rudolf Mors die Musicalparodien Freiheit in Krähwinkel und Der Weiberstreik; letztere wurde 1963 im ZDF ausgestrahlt.
In den 1960er Jahren war Hüsch im Fernsehen präsent, etwa in dem ARD-Fernsehspiel Niemandsland des Lächelns (1962). Ab Mitte der 1960er Jahre verlieh er seinen Kabarettvorträgen zunehmend politische Grundzüge. 1967 nahm er im Quartett mit Franz Josef Degenhardt, Wolfgang Neuss und Dieter Süverkrüp die Schallplatte Da habt ihr es! auf. Ein Jahr später begeisterte er während der allgemeinen Studentenunruhen (zusammen mit Degenhardt und Süverkrüp) auf den Essener Songtagen (bei denen u. a. auch Frank Zappa auftrat) und setzte hierbei auf der Bühne erstmals anstelle von Klavier oder Flügel eine Philicorda-Orgel ein, die für die kommenden dreißig Jahre sein musikalisches Kennzeichen wurde. – Kurz danach brach Hüsch die Zusammenarbeit mit der 68er-Bewegung ab, nachdem er beim Festival Chanson Folklore International auf der Burg Waldeck und in Berlin nach Störungen von der Bühne gebuht worden war als „Kitschgemüt mit Goldbrokat“, das seine poetische Kraft einem „bourgeoisen Verniedlichungstrend“ opfere. In seinem Programm Enthauptungen rechnete er verbittert mit den Erfahrungen ab. Er trat danach eine Zeit lang nur in der Schweiz auf.
Ende der 1960er Jahre wurde Hüsch verstärkt für das ZDF tätig: zum einen in der Rolle eines Reiseleiters mit Sinn für Groteskes, zum anderen als prägender Off-Sprecher in knapp 400 Laurel-und-Hardy-Filmen und anderen Streifen der Väter der Klamotte (z. B. Die kleinen Strolche und Pat & Patachon). Bei bisweilen mehr als 200 Szenen am Tag und bis zu fünf verschiedenen Stimmen auf einer Textseite gehörte dies, wie Hüsch einmal sagte, zu den anstrengendsten Arbeiten seines künstlerischen Lebens.
In den 1970er Jahren gelang ihm mit dem Programm Hüsch – Live 1973 der Durchbruch auf den deutschsprachigen Kleinkunstbühnen. Bis 1976 vergrößerte sich die Zahl seiner Zuhörer von Tournee zu Tournee und führte im Verlauf der 1970er Jahre zu weiteren festen TV- und Radio-Engagements, wie etwa dem Gesellschaftsabend des Saarländischen Rundfunks – nicht nur die älteste Kabarettsendung in der ARD, als Besonderheit auch die einzige Parallele im Hörfunk und im Fernsehen – oder der Unterhaltung am Wochenende beim Westdeutschen Rundfunk. Daran schloss sich Hüschs großer Fernseherfolg als Familienvater in der ARD-Serie Goldener Sonntag (1976–1978) an. Ebenfalls in die Endphase der 1970er Jahre fiel die Erfindung seiner Kunstfigur Hagenbuch, jenes nörgelnden Träumers und spießigen Angebers, der in den 1980ern zu einer Lieblingsfigur des Hüsch-Publikums wurde.
Hanns Dieter Hüsch in Aktion
In den 1980er Jahren veröffentlichte Hanns Dieter Hüsch zahlreiche Bücher und Schallplattenaufnahmen; er brachte jährlich mindestens ein neues Programm auf die Bühne. Im Jahre 1986 inszenierte er für das Westfälische Landestheater in Castrop-Rauxel Ein wunderlicher Kerl nach Wilhelm Busch (gesendet u. a. im ZDF Theaterkanal). Im Alter von 60 Jahren stellte er als jahrelanger Kettenraucher den Zigarettenkonsum ein.
Nach dem Tod seiner Frau Marianne verließ Hüsch 1988 nach 40 Jahren seine Wahlheimat Mainz und zog nach Köln („Ich wollte nicht nach Moers, in meine Kinderstadt, weil ich dachte, du fängst dann deinen Lebensabend an.“). Er ließ ab von neuen Programmen und führte seine Bühnenauftritte in Form von Lesungen fort. Der stets für christliche Toleranz eintretende Hüsch engagierte sich öffentlich z. B. auf Evangelischen Kirchentagen. Er lernte seine zweite Frau Christiane Rasche-Hüsch kennen (er nannte sie scherzhaft „die Chrise“). Das Paar heiratete 1991. In den folgenden Jahren schrieb er weiterhin Lebensphilosophisch-Besinnliches mit Akzenten vom Niederrhein. Von einer schweren Krebserkrankung wieder genesen, gab er im Jahre 2000 als dienstältester deutscher Kabarettist mit „Wir sehen uns wieder“ seine Abschiedstournee. Kurz bevor sich Hanns Dieter Hüsch seinen letzten künstlerischen Lebenstraum erfüllen und in einer Inszenierung von Shakespeares König Lear am Staatsschauspiel Dresden in der Titelrolle auftreten konnte, erlitt er im November 2001 einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Er war danach nicht mehr in der Lage aufzutreten oder seine schriftstellerische Arbeit fortzuführen. Er starb 2005 im Alter von 80 Jahren und fand seine letzte Ruhestätte in einem Ehrengrab auf dem Hülsdonker Hauptfriedhof seiner Geburtsstadt Moers. (Quelle: Wikipedia)